____Resurgenz__________________________________________

    
 

nach der gewissheit, vor der paranoia

Woran glaubst Du?

Ja, flieg Vögelchen, flieg endlich - flieg gen Osten dem Sonnenaufgang zu.

24. Februar 2023

Nicht nur immer schwarzsehen

Es ist traurig, wenn man immer so negativ gestimmt ist. Ja, die Zeiten geben das Negativ-Sein her. Aber permanent das Glas halb leer sehen, darüber spekulieren, wann die Ökonomie, das Klima, die Natur, die Rente, die Gesellschaft, die (eigene) Gesundheit auseinanderbricht (bald schon, bald ...), sich in den Vorhöfen dunkler Depressionen herumzuschleichen - nein, das ist auf Dauer kein Leben, auch wenn man natürlich in Betracht ziehen muss, dass jedes Leiden ganz untergründig einen lustvollen Mehrwert abwirft. Aber, nochmals aber: wie soll sich etwas zum Positiven wenden, wenn man nicht selbst positiv ist und / oder etwas Positives beiträgt. Und ist es nicht schon seit langem bekannt, dass die positive (Selbst)Verstärkung im Sinne einer sich selbsterfüllenden Prophezeiung zu fabelhaften Resultaten führt, sagen wir: führen kann. Das vorm Spiegel schnell hergesagte "Ich bin schön, klug und erfolgreich" ist auch unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten fast unschlagbar, selbst wenn der gewünschte Effekt nicht, oder nicht sogleich, oder nur in äußerst kleinen Dosen eintreten sollte.

Jedoch hat ein sich so inszenierter selbsterfüllender Zauber es nicht leicht auf und in dieser Welt, steht doch das Positive, das Geglückte, das Schöne und insbesondere das Heile oftmals unter Kitsch-Verdacht, was auch heißt, dass die sich dazu bekennenden Anhänger oftmals nicht als Heroen der Kultur gelten, sondern eher als Menschen gesehen werden, die - wie eine Bekannte formulierte - ein Mallorca-Gehirn ihr eigen nennen können, was man falsch verstehen würde, so man es als Kompliment auffasst. Die individuelle Glückssuggestion stößt an ihre Grenzen, so man nicht davon ausgehen kann, dass die sprießenden Blüten des eigenen Glücks das Mullah-Regime zum Abdanken bringen, Putin veranlasst den Krieg zu beenden, China zu demokratischen Wahlen animiert und das Klima zu einem spontanen CO2-Reduktionswunder. Ganz dialektisch wirkt der Weltenlauf eben - mal mehr, mal weniger - auf das eigene Schicksal durchaus wirkungsmächtig zurück, während umgekehrt der eigene Beitrag zu einer glücklichen Welt nur schwer einzuschätzen ist.

Auf Seiten der Kultur lassen sich daher insgesamt nur wenige Beispiele anführen, die vorbehaltslos für ein positives Denken antreten. Selbst dort wo dies geschieht, ist ein ironischer Unterton selten zu überhören, wie beispielsweise bei jenem 'An einen Pessimisten' gerichtete Heinz Erhardt-Gedicht, das zunächst bei den Lämmern auf der Weide eine Fröhlichkeit vor dem Schlachten konstatiert, um damit zu schließen, dass es auch ziemlich dumm wäre, wollten die Lämmer erst hinterher fröhlich sein. Aber wer will schon als glückliches Lamm oder als glücklicher Idiot anfangen oder enden? Viel näher liegt uns der Shakespeare-Schlachtruf aus dem Munde von Hamlet: "Die Zeit ist aus den Fugen: Schmach und Gram, / Dass ich zur Welt, sie einzurichten, kam!"

Auch Arno Schmidt, der heute Geburtstag hat - oder gehabt hätte - d.h. am 18. Januar 2023 wäre er 108 Jahre alt geworden, Glückwunsch -, ist durchaus skeptisch, was das Glücksversprechen des Lebens angeht. In seiner 1946 entstandenen Erzählung 'Leviathan oder Die beste der Welten' - in der er aus der Sicht eines deutschen Soldaten eine Bahnfahrt im Februar 1945 schildert = Flucht, Chaos, Hunger, Zerstörung, NS-Diktatur, Tod - steht gar die ganze Schöpfung auf dem Prüfstand:

"Diese Welt ist etwas, das besser nicht wäre; wer anders sagt, der lügt!"
Arno Schmidt: Arno: Leviathan oder Die beste der Welten, in: Enthymesis Leviathan Gadir. Bargfelder Ausgabe. 01 I, Romane, Erzählungen, Gedichte, Juvenilia, 1.1. Zürich: Haffmanns, 1987, S 48

Schwerlich wird man bei Arno Schmidt im weiteren Schaffensverlauf eine heile Welt finden. Vielmehr erschließen sich die Dinge durch ihre Ambivalenz, was heißt: ein halbleeres Glas beinhaltet immerhin noch Flüssigkeit. Auf Fauna und Flora gewendet, etwa so:

“Kühe in Halbtrauer, zwischen und verdorrten Sumpf=Birken.”
Arno Schmidt: Kühe in Halbtrauer; in: Ländliche Erzählungen; Bargfeld 1987 (1964); S. 341

Nun gut, beim 'Porst' handelt es sich um ein Heidekrautgewächs, deren Blätter leicht giftig sind, und die 'verdorrten Sumpf=birken' wissen das Gemüt gewiss nicht aufzuheitern. Aber: die Kühe sind nur halbtraurig. Und, so die Vermutung: nur weil die Farbe Weiß nach allgemeiner Konvention nicht umstandslos der Fröhlichkeit zuzuordnen ist, sprechen wir hier nicht von Kühen in Halbfreude. Sonst könnten wir die schwarz-weiß gemusterten Milchkühe auch als ein Zeichen des Glücks lesen, zur Hälfte. Es sind auch die kleinen Dinge im Leben, die zählen. Nicht immer nur schwarzsehen.

18. Januar 2023

Gute Vorsätze

Vieles ist über dieses Jahr gesagt worden. Ein schlimmes Jahr: Corona, Krieg, Energiekrise, Klimawandel, Fluten in Pakistan, Inflation, staatlich beauftragte Morde im Iran, Messerattentat auf Salman Rushdie ... Zuversicht grenzt an Naivität, so man prognostiziert, dass das nächste Jahr bestimmt besser wird. Umgekehrt besteht der Verdacht, dass wir vielleicht in nicht allzu ferner Zukunft auf dieses Jahr zurückblicken und uns liebevoll an die Endphase der guten, alten Zeit erinnern werden. Das Weltschicksal mischt sich energisch in unsere privaten Angelegenheiten, während wir ohnmächtig dem großen Treiben zusehen. Der berühmte Shakespeare-Satz "Die Zeit ist aus den Fugen", bewahrheitet sich in seiner vollen Wucht, wobei man gerne vergisst, dass er oftmals auch in anderen Büchern zu anderen Zeiten herbeizitiert worden ist. Nicht zu unterschlagen ist die darauffolgende Hamletsche Klage, die da lautet: "Schmach und Gram, Daß ich zur Welt, sie einzurichten kam!" So stehen auch wir vor einer Aufgabe und wissen nicht, an welchem klitzekleinen Ende wir den Problemfaden aufzurollen beginnen sollen.

Aber: neigen sich die Aktivitätszeiten dem Ende entgegen? Haben uns unsere Bewegungsmuster - nach vorne gehen, Wachstum generieren, proaktives Problemlösen - nicht zuverlässig an jenen Rand geführt, dessen Überschreitung keineswegs mehr als Verheißung gesehen werden kann? Das populäre Denken, oftmals unterschätzt und oftmals am Puls der Zeit, hat diese Einsicht schon längst mit einem Witz bedacht: Gestern standen wir noch vor dem Abgrund, heute sind wir schon einen Schritt weiter. Zeit das Resilienz-Zeitalter auszurufen? Statt der Welt und den Menschen noch etwas zuzufügen oder hinzuzufügen, gilt nun die Tugend des Ertragens, vorzugsweise den Schmerz oder auch sonstige Unbillen des Lebens. Noch sträubt man sich dagegen, sich als ein Lamm auf dem Weg zur Schlachtbank zu sehen, das psychisch, dank Resilienz, dann doch gut aus der Sache herauskommt, nachdem es blökend feststellt, dass es vorerst nur geschoren und noch nicht geschlachtet wurde. Aber vielleicht ist es trotzdem besser, wie es in einem Film nach einem Don DeLillo-Roman heißt, (metaphorisch) auf der Seite der Sterber und nicht der der Töter zu stehen. Und wie immer, wenn es darum geht, sich mit den Implikationen einer kantschen Moral zu konfrontieren, ist der Ausweg kein einfacher.

Was zu lassen ist, sollte unterlassen werden und was zu tun ist, sollte getan werden. Und so bleibt auch dieses Jahr ganz traditionsgemäß zum Jahresende das Shakespeare-Zitat.

“Greift frisch an, oder wir treiben auf den Strand.”
William Shakespeare: Der Sturm; Zürich 1979 (1611 ), S. 22

31. Dezember 2022

Ludwig Klages wäre heute 150 Jahre alt geworden

Am 10. Dezember 2022 wäre Ludwig Klages 150 Jahre alt geworden. Als ich vor einigen Jahren zum erstenmal einen Text von Ludwig Klages gelesen habe, war ich bestürzt, dass schon zu Anfang des letzten Jahrhunderts die Frage der Artenvielfalt und des Artensterbens in solch einer Drastik gestellt worden ist. In einem Beitrag zur Festschrift der Meißner-Tagung der Freideutschen Jugend, betitelt mit "Mensch und Erde" aus dem Jahre 1913, scheibt Klages also:

"Wo aber der Fortschrittsmensch die Herrschaft antrat, deren er sich rühmt, hat er ringsumher Mord gesät und Grauen des Todes. (...) Eber, Steinbock, Fuchs, Marder, Wiesel, Dachs und Otter, Tiere, an deren jedes die Legende uralte Erinnerungen knüpft, sind zusammengeschmolzen, wo nicht schon völlig dahin; Flußmöwe, Seeschwalbe, Kormoran, Taucher, Reiher, Eisvogel, Königsweib., Eule rücksichtsloser Verfolgung, die Robbenbänke der Ost- und Nordsee der Vertilgung preisgegeben."
Klages, Ludwig. Mensch und Erde: 11 Abhandlungen. Stuttgart: Kröner, 1973, S. 3

Mehr als hundert Jahre (!!!) später tagt zur Zeit die Weltnaturkonferenz (CBD COP 15 - Convention on Biological Diversity / Conference of the Parties) in Montréal. Als kleiner Trost mag noch dienen, dass die erste CDB COP-Konferenz immerhin 'schon' 1994 auf den Bahamas stattgefunden hat. Allerdings scheinen die bisherigen Erfolge überschaubar (siehe den Blog-Eintrag Mai 2022: "Von geschätzten fünf bis neun Millionen Tierarten verschwinden jährlich zwischen 11.000 bis 58.000 (https://www.landsiedel-seminare.de/weltretter/artensterben.php)" usw.).
Vermutlich wird an dieser verheerenden Bilanz in Zukunft auch eine Klages-Lektüre wenig ändern, zumal sein metaphysisches Denken, geleitet u.a. von der Unterscheidung zwischen Geist und Seele, wenig Ansatzpunkte bietet, neue Denkungs- und Handlungsarten zu erkunden. Und: kann man Klages von allen antisemtischen Ressentiments freisprechen, auch wenn man, wie Reinhard Falter in seinem Text zum 150. Klages-Geburtstag in der Winter-Ausgabe der Zeitschrift Tumult vorschlägt, den "Judaismus" bei Klages als Chiffre für die erdzerstörende Macht einer monotheistischen Geisteshaltung sehen kann?

Was bleibt: man kann in Klages einen Pionier oder Vorreiter einer grünen Bewegung sehen, der nicht nur an einem funktionalen Umweltschutz interessiert ist, sondern auch nach den tieferen Ursachen der ökologischen Krise fragt, als da sind: blinder Fortschrittsglaube und instrumentelle Vernunft (und ein ideologischer Monotheismus). Diese Ursachenkritik ist heute billig zu haben, weitgehend folgenlos. Aber vielleicht kann es deshalb nicht mehr darum gehen, zu hoffen, dass alles wieder 'gut' wird (wann war es das jemals?), so man nur die richtigen Maßnahmen ergreift. Die (nicht nur ökologischen) Verluste sind 'da', weitere werden kommen, teilweise irreversibel. Vielleicht erinnert uns Klages (nomen est omen; Klages ist auch Begründer der ausdruckswissenschaftlichen Graphologie) an eine andere Hoffnung, nämlich an eine, die aus der Trauer um jenes entsteht, was schon verloren ist (und in gewisser Weise immer schon verloren war) und noch verloren gehen wird: die paradoxe Hoffnung des verzweifelten 'Trotzdem', die der allumfassenden Machbarkeit und der Perfektion, auch der Perfektion der imaginären Weltenrettung, aus Liebe zum Leben und im Wissen um die Vergänglichkeit des Lebens entsagt hat, um das Leben zu schonen, es sein zu lassen. Im besten Fall: radikal, demütig, das Andere zulassend (und ist die Ökologie als Name für die Wechselbeziehungen zwischen den Lebewesen und ihrer Umwelt nicht eine unabsehbare Wissenschaft - jede (Wechsel-)Beziehung geht ihre eigenen ereignisvollen Wege) - und nicht resignativ.
Vielleicht.
10. Dezember 2022

Großstadtliebe auf Speed

Ideal - Berlin (vom Album "Ideal" 1980)

Der Song "Berlin" von Ideal (aus dem Album "Ideal" von 1980) war zweifellos geniales Aufbruchlied der einsetzenden neuen deutschen Welle. Konventionelle Rock-Musik war out und es wurde wieder deutsch gesungen - in der liebevollen Song-Analyse von Dirk von Petersdorff und Christiane Wiesenfeldt - 2018, online zu finden im FAZ-Blog - wird dies auch ausführlich gewürdigt. Dort ist zu lesen, dass die Zeit Anfang der 80er reif war, um sich auch in der Pop-Musik wieder mit Heimat und der deutschen Sprache zu beschäftigen. Die weitere Song-Analyse wandert von der musikalischen (Mischung aus Post-Punk-, New-Wave-, Rock-Elementen) über die textliche (Wahrnehmung und Beschreibung einer politisch, religiös und sozial heterogenen deutschen Gesellschaft) zur politischen Ebene (kein Anspruch mehr auf Polit-Rock) und kommt zu dem Schluss, dass der Song am ehesten ein Bekenntnis zur (Sprach-)Musik selbst wäre und immer noch beim Hörer das Gefühl der Refrain-Zeile "Ich fühl mich gut" auslösen würde.

Weshalb also noch weitere Zeilen verschwenden? Nun, weil diese Wahrnehmung meines Erachtens nur die Hälfte der und dieser "Song- und Pop-Wahrheit" trifft. Wenn es stimmt, dass guter Pop beide Seiten des Lebens zusammenklingen lässt, den bejahenden Lebensrausch und die destruktiven Impulse, die Affirmation und die Negation - der Gefühle und Verhältnisse -, das große und das kleine Ja und Nein, so tut man auch dem "Berlin"-Song Unrecht, will man ihn auf eine "Gut-Fühl-Hymne" runterbrechen. 

Zunächst sei an die Zeit Anfang der 80er Jahre erinnert: Krise allenthalben; Krise der Ökonomie (Öl-Krise 73, 79), Krise der Ökologie bzw. Auftauchen der ökologischen Frage (Club of Rome 72 > Waldsterben Anfang 80er), Krise der Politik (Gewalt der RAF = Deutscher Herbst, NATO-Doppelbeschluss 79). Kein Wunder, dass die Punkbewegung Ende der 70er Jahre die Systemfrage mit dem Slogan 'No Future' beantwortete. Deshalb relevant, als dass die NDW an Punk-Musik und -Weltsicht durchaus anknüpfte. Nicht zu vergessen in diesem Zusammenhang ist auch der Status Berlins als geteilte Stadt. Wer vor dem Mauerfall West-Berlin erleben durfte, kann sich an das eigenartige Inselgefühl erinnern, das einen latenten und schizophrenen Ausnahmezustand erzeugte: auf der einen Seite ein zuweilen euphorisches Freiheitsgefühl, da geographisch und mental losgelöst von der zugehörigen Restrepublik, und auf der anderen Seite eine schwelende Drohung und Beengung, da die Stadtgrenzen zugleich Todesstreifen waren und jeder Grenzübertritt ein unangenehmes Abenteuer heraufbeschwor. Dies also der kulturell-politische Hintergrund der Zeit. Kann man ernsthaft davon ausgehen, dass damals eine Berliner Band ein Berlin-Lied mit einem ungebrochenen "Ich fühl mich gut" präsentierte? Auch der Song selbst ist in sich keinesfalls ohne Ambivalenzen. Zweifelsohne spiegelt sich im Text Lebenslust und -Energie wieder, aber ebenso die Schattenseiten der Stadt, als da wären: Alkohol, Kontrolle, Betrug, Junkie, Ruinen, Hundekot, Neonlicht. Keine Idylle, sondern eine in sich gebrochene Großstadt, weniger Bild, denn Scherbenhaufen, durch den man sich illusionslos-lustvoll und drogenaffin bewegt. Wie überhaupt der Text an die expressionistische Großstadtlyrik der 20er Jahr erinnert, ebenfalls eine unruhige Zeit. Schließlich musikalisch: tanzbare Energie verströmt der Song unbestritten, aber ebenso eine Hektik, die droht ins Hysterische umzukippen, so also ob alles unter Speed stünde und es nur noch einer kleinen Schraubendrehung bedürfte, um den Klippenrand zu überschreiten. So ist "Berlin" auch der Tanz auf dem Vulkan und das "Ich fühl mich gut" die trotzige Antwort auf die Frage, ob es denn ein richtiges Leben im falschen geben könnte.

16 Juni 2019

Schlimme Dinge und die Sache mit der räumlichen Distanz

Funny van Dannen - Räumliche Distanz 

Der Song "Räumliche Distanz" von Funny van Dannen (aus dem Album "Clubsongs" von 1995), vermittelt auf einfache Art und Weise einen wichtigen Gedanken: unsere Gefühlswelt, ja unser Leben wäre nicht auszuhalten, wenn es nicht Distanzmechanismen geben würde, die allzu Bedrängendes und Leidvolles für uns - zumindest ab und zu - auf Abstand halten würden. Denn die räumliche Distanz steht hier nicht einfach für eine physikalische Größe, die dafür sorgt, dass wir von bestimmten Dingen gar nichts wissen können, sondern bezeichnet die, zumeist unbewußte, Distanznahme selbst. Denn im Song werden die Ambivalenzen des Lebens benannt, die wir, eben weil sie in ihrer Universalität meist trivial sind, kennen dürften: man lacht, andere sind traurig. Da unser Leben aber ein umögliches wäre, würden wir permanent um jede Tragik und Ungerechtigkeit weinen, ist Distanznahme, Vergessen und auch Nichtwissen(-wollen) unumgänglich.

Andererseits muss man betonen, dass es sich keineswegs um ein reaktionäres Lied handelt, das sich dem Leid der Anderen gegenüber verhärtet. Vielmehr zeigt der Song ganz anschaulich (und musikalisch melancholisch), dass wir die Tragik des Lebens letztendlich nicht lösen können, erinnert uns aber zugleich daran, dass diese Tragik unausweichlich existiert. Dies ist der Stachel des Liedes, der so tief sitzt, dass wir beim Refrain unseren Affekthaushalt nur durch ein lautes Lachen über unser - in der Tat - 'unmögliches Leben' ins Gleichgewicht bringen können. Große Kunst die schweren Dinge leicht zu machen.